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174. DVW-Seminar
Rückblick auf das 174. DVW-Seminar Städtebauliche Entwicklung
Der Arbeitskreis 5 „Landmanagement“ veranstaltete in Zusammenarbeit mit dem DVW Baden-Württemberg e.V. am 18. Juni 2018 das 174. DVW-Seminar zum Thema „Städtebauliche Entwicklung: Bezahlbares Bauland entwickeln – die bodenrechtlichen Instrumente auf dem Prüfstand“ in Böblingen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung, die im Sitzungssaal des Landratsamtes des Landkreises Böblingen stattfand, durch Dr.-Ing. Frank Friesecke (Leiter des DVW-Arbeitskreises 5 „Landmanagement“) und Dipl.-Ing. Gerd Holzwarth (Vorsitzender des DVW Baden-Württemberg e.V.). Das Grußwort richtete Martin Wuttke, Erster Landesbeamter und Stellvertretender Landrat des Landkreises Böblingen, an die Seminarteilnehmer.
Dr. Christoph Hemberger (Referent für Regional- und Bauleitplanung, Verband Region Stuttgart) hielt den ersten Vortrag in der Session „Ausgangslage und Grundlagen“ mit dem Titel „Auswirkungen der Baulandknappheit auf die Regionalentwicklung“. In seiner Präsentation stellte er zunächst die historische Entwicklung der Region Stuttgart im Hinblick auf die Siedlung und die Infrastruktur dar und leitete dann in die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung über. Eine Herausforderung nicht nur in der Region Stuttgart ist die geringe Verfügbarkeit von Wohnraum in Kombination mit einem sehr hohen Preisniveau. Im Gegensatz dazu stehen die fehlende Mitwirkungsbereitschaft privater Eigentümer, aber auch die mitunter fehlende Bereitschaft von Kommunen neues Bauland auszuweisen. Die Wohnraumknappheit hat langfristig Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche, unter anderem mit Blick auf soziale, wirtschaftliche, verkehrliche und ökologische Gesichtspunkte. In dieser Hinsicht hat die Regionalplanung die Aufgabe mit starken Instrumenten, sowohl formell als auch informell, eine nachhaltige Entwicklung der Region Stuttgart zu fördern.
Der zweite Vortrag in diesem Block wurde von Prof. Dr. Alfred Ruther-Mehlis (Institut für Stadt- und Regionalentwicklung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen) zum Thema „Flächenbedarf auf kommunaler Ebene – von der Potenzialerhebung über die Bedarfsermittlung bis zur Mobilisierung“ gehalten. In seinem Vortrag ging er den Fragen nach, welche Anzahl an Wohnungen zukünftig benötigt wird, welche Personengruppen diesen Wohnraum nachfragen und wie hoch der Anteil an preisgünstigem Wohnraum sein sollte. Weiterhin ist es für Städte und Gemeinden vor der Mobilisierung von Bauland wichtig eine Entwicklungsstrategie zu konzipieren, sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich und festzulegen, welche bodenpolitischen Instrumente daraufhin angewendet werden können. Ruther-Mehlis stellte das Gut „Boden“ als Schlüssel einer langfristigen Wohnungspolitik dar.
Nach einer kurzen Kaffeepause erläuterte Prof. Dr.-Ing. Theo Kötter (Professur Städtebau und Bodenordnung, Universität Bonn) in der zweiten Session „Bodenpolitik und Baulandmodelle“ das Thema „Herausforderungen der kommunalen Bodenpolitik – Strategien, Instrumente, Akteure“. Nach einem kurzen Einstieg zu den Begrifflichkeiten präsentierte er Strategien, die in der Bodenpolitik, verfolgt werden. Neben kommunalen Grundsatzbeschlüssen können die Städte und Gemeinden hoheitliche Strategien, beispielsweise durch Sanierungsatzungen oder städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, Kooperationsstrategien, z.B. durch städtebauliche Verträge oder Zwischenerwerbsstrategien verfolgen. Seinen Vortrag schloss Kötter mit dem Fazit, dass Gerechtigkeit und Transparenz für eine zielführende kommunale Bodenpolitik unabdingbar sind.
Prof. Dr.-Ing. Alexandra Weitkamp schloss sich mit ihrem Vortrag zum Thema „Baulandmodelle im Vergleich – Voraussetzungen, Anwendungsbereiche, Erfolgsfaktoren“ (Professur für Landmanagement, TU Dresden) an. Nach einem Einstieg in die Funktionsweise und die derzeitigen Herausforderungen von deutschen Wohnungsmärkten folgte ein Überblick über die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland. Darüber hinaus definierte die Referentin die Haushalte, die besonders von den hohen Preisniveaus vieler deutscher Großstädte betroffen sind, da sie durch zu hohe Einkommen nicht mehr durch den sozialen Wohnungsbau aufgefangen werden, aber in den prosperierenden Städten, wie beispielsweise Stuttgart, Probleme haben, sich aus eigener Kraft mit angemessenem Wohnraum versorgen zu können (Schwellenhaushalte). Zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum haben eine Vielzahl von Städten aktuell oder bereits in den vergangenen Jahren sogenannte Baulandmodelle verabschiedet, die die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum – teilweise auch für mittlere Einkommensschichten – fördern. Investoren, die Bauland entwickeln wollen und auf die Schaffung von Baurecht durch die Kommune angewiesen sind, können mittels städtebaulicher Verträge zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum verpflichtet werden. Weitkamp stellte abschließend eine Fallstudienanalyse und den Vergleich mehrerer Baulandmodelle dar.
Unter der Überschrift „Instrumente zur Baulandbereitstellung“ wurden in der Session am Nachmittag zwei Vorträge gehalten. Den Anfang bildete der Vortrag zum Thema „Städtebauliche Verträge zur Baulandentwicklung – die bodenrechtlichen Modelle auf dem Prüfstand“ von Prof. Dr. jur. Hans-Jörg Birk (Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Kanzlei Eisenmann Wahle Birk, Stuttgart/Dresden). Beim Abschluss von städtebaulichen Verträgen nach § 11 BauGB spielt die Frage nach der Angemessenheit (§ 11 Abs. 2 BauGB) eine entscheidende Rolle und ist Grund für viele Rechtsstreitigkeiten. Birk stellte unterschiedliche Zielvereinbarungen anhand von Fallbeispielen sowie die damit verbundene Anwendung des § 11 BauGB vor. Darüber hinaus gab er Hinweise für den Umgang mit Folgelasten, für beispielsweise Schulen oder Kindergärten in Bezug auf die Angemessenheit und deren Kalkulation.
Dr. Matthias Neureither (Vermessungsbüro Schwing & Dr. Neureither) erläuterte in seinem Vortrag den „Mehrwert durch Baulandumlegung: Einsatz eines bewährten Instruments unter neuen Rahmenbedingungen“. Der Vortragende hat langjährige Erfahrung mit städtebaulichen Bodenordnungsverfahren, insbesondere mit Umlegungsverfahren und stellte anhand verschiedener Fallbespiele die Grenzen und Möglichkeiten der Baulandumlegung dar. So muss beispielsweise die Landzuteilung faktisch möglich sein und eine Baulandumlegung zur reinen Einsparung der Grunderwerbssteuer ist nicht zulässig. Auch muss die Neuordnung erforderlich sein und eine Umlegung für die ausschließliche Bereitstellung öffentlicher Flächen ist ebenfalls nicht zulässig. Laut Neureither hat die freiwillige Baulandumlegung eine höhere Akzeptanz bei den Eigentümern und das Verfahren dauert in der Regel nicht so lange. Im Gegensatz dazu ist das Vertragswerk der gesetzlich vereinbarten Baulandumlegung überschaubarer, es sind keine notariellen Beurkundungen erforderlich und es kommt zu einer Grunderwerbssteuerbefreiung. Allerdings ist die freiwillige Baulandumlegung aufgrund ihrer „Elastizität“ auch im Hinblick auf neue Herausforderungen weiterhin ein sinnvolles Instrument.
Die letzte Session, die nach der Kaffeepause unter dem Titel „Städtebauliche Entwicklungs-maßnahmen und Abschlussdiskussion“ startete, beinhaltete den Vortrag von Sonja Knapp (Geschäftsfeldleiterin Bauland- und Projekt-entwicklung bei der STEG Stadtentwicklung GmbH, Stuttgart) zu dem Thema „Renaissance der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme als Reaktion auf die steigende Wohnungsnachfrage?“. Nach einer kurzen Einführung in das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (§ 165 ff. BauGB) sowie deren Ablauf veranschaulichte Knapp die Vor- und Nachteile des Rechtsinstrumentariums. So sind als Chancen die zügige Durchführung sowie die direkte Einflussnahme der Gemeinde auf Bodenspekulationen zu sehen. Des Weiteren besteht im Unterschied zur Baulandumlegung eine Bauverpflichtung, so dass der sonst übliche „Flickenteppich“ mit Baulücken nicht entstehen kann. Unter engen Festlegungsvoraussetzungen ist die Entwicklungsmaßnahme auch ohne Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer möglich (Enteignung als „schärfstes Schwert des Bodenrechts“). Voraussetzungen sind insbesondere der Nachweis des Wohls der Allgemeinheit der Maßnahme sowie des erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten. Die Grunderwerbspflicht der Kommune, aber auch der hoheitliche Charakter der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme führen dazu, dass der Einsatz auf besondere Fälle begrenzt bleibt. Anhand mehrerer Praxisbeispiele erläuterte Knapp das Vorgehen zur Einleitung und Durchführung eines solches Instrumentariums.
Den Abschluss dieses Seminars bildete eine offene Diskussion mit allen Referenten und Teilnehmern, die von Frank Friesecke geleitet wurde (Foto: © DVW Baden-Württemberg e.V.)
Autorin: Isabelle Klein, M.Sc.
TU Dresden


